Kapitel 1: Der THG-Crash – Eine forensische Analyse
"Free Money" – so fühlte sich die Treibhausgasminderungsquote (THG-Quote) im Jahr 2022 an. Es war ein Geschenk der Politik an E-Mobilisten, finanziert von der Ölindustrie. Doch 2024 und 2025 wachten viele E-Autofahrer auf: Statt 400€ boten Vergleichsportale plötzlich nur noch 80€ oder strichen die Auszahlung ganz.
Um zu verstehen, ob du dieses Jahr überhaupt noch eine Prämie beantragen solltest, müssen wir verstehen, warum der Markt implodiert ist. Es ist ein Krimi aus Wirtschaftskriminalität und Marktmechanik.
Der Mechanismus: Robin Hood oder Ablasshandel?
Das Prinzip ist simpel: Mineralölkonzerne (Shell, BP, Total etc.) müssen ihre CO2-Emissionen gesetzlich senken (Treibhausgasminderungsquote). Schaffen sie das nicht (weil sie zu viel Benzin/Diesel verkaufen), müssen sie Strafen zahlen.
Da ein E-Auto weniger CO2 ausstößt als ein Verbrenner, "sparst" du Emissionen ein. Der Gesetzgeber erlaubt dir, diese Einsparung zu zertifizieren und an die Ölkonzerne zu verkaufen. Die Konzerne kaufen dein Zertifikat, um ihre Bilanz sauberzurechnen und Strafzahlungen zu entgehen.
Die Ursachen des Preisverfalls
1. Der Biodiesel-Betrug ("Brown Grease")
Fortschrittliche Biokraftstoffe (aus Abfallresten) werden auf die Quote doppelt angerechnet. Findige Händler in Asien haben vermutlich massenhaft billiges Palmöl als "Altspeiseöl" umdeklariert und nach Europa exportiert. Der Markt wurde mit "Fake-Zertifikaten" geflutet. Das Überangebot drückte den Preis in den Keller.
2. Der UER-Skandal
Konzerne konnten Klimaschutzprojekte im Ausland (Upstream Emission Reduction) anrechnen lassen. Recherchen zeigten: Viele dieser Projekte in China existierten gar nicht oder waren längst stillgelegt (z.B. Hühnerfarmen). Auch hier: Gefälschte Einsparungen drückten den Bedarf an echten E-Auto-Zertifikaten.
Fazit: Der Markt wurde manipuliert. Die Politik (BMUV) hat spät reagiert. Die Leidtragenden sind die E-Autofahrer, deren "ehrliche" Zertifikate nun entwertet sind.
Kapitel 2: Fix, Flex oder Spende? Deine Strategie 2025
In diesem volatilen Markt ist die Wahl des Auszahlungsmodells wichtiger denn je. Früher war "Flex" der Gewinner, heute ist es oft eine Falle.
Modell A: Die Fix-Prämie (Der Sicherheitsanker)
Der Anbieter garantiert dir einen festen Betrag (z.B. 80€), egal wie der Markt sich entwickelt. Er trägt das Risiko, behält aber auch alle Gewinne, falls der Preis steigt.
Empfehlung: In fallenden Märkten (Bear Market) ist das oft die beste Wahl. Du hast Planungssicherheit.
Modell B: Die Flex-Prämie (Das Zocker-Modell)
Du bekommst z.B. "85% des Verkaufserlöses". Das klingt fair. Aber: Was ist, wenn der Erlös nur 60€ beträgt? Dann bekommst du 51€.
Viele Anbieter werben mit "Bis zu 380€ möglich!". Das ist Marketing-Sprech. "Möglich" ist auch ein Lottogewinn. Schau auf den garantierten Mindestbetrag. Ist dieser 0€? Dann Finger weg!
Modell C: Sofortauszahlung (Der teure Kredit)
Du lädst den Schein hoch, 24 Stunden später ist Geld da.
Der Haken: Da das Umweltbundesamt 3-6 Monate für die Zertifizierung braucht, streckt der Anbieter das Geld vor. Das lässt er sich fürstlich bezahlen. Die Auszahlung liegt oft 30-50% unter der Warte-Variante.
Rechenbeispiel: 60€ sofort vs. 100€ in 4 Monaten. Das sind 40€ "Zinsen" für 4 Monate Kredit über 60€. Das entspricht einem effektiven Jahreszins von mehreren hundert Prozent!
Kapitel 3: Steuerfalle THG – Wann das Finanzamt mitkassiert
"Ist das steuerfrei?" – Diese Frage wird in Foren oft falsch beantwortet. Hier ist die rechtlich saubere Unterscheidung (Stand 2025, keine Steuerberatung!).
| Szenario | Steuerpflicht? | Details |
|---|---|---|
| Privatwagen | Nein (0€) | Laut OFD Verfügung keine Einkunftsart. "Privates Veräußerungsgeschäft" erst nach 1 Jahr, aber Zertifikat entsteht erst bei Verkauf. Faktisch steuerfrei. |
| Dienstwagen (Firma gehört Auto) | Ja (Betriebseinnahme) | Prämie gehört der Firma. Muss als Ertrag verbucht werden (KSt/ESt + USt). |
| Dienstwagen (Mitarbeiter kassiert) | Lohnsteuer! | Wenn der Chef erlaubt, dass du die Prämie behältst, ist das geldwerter Vorteil / Arbeitslohn. Muss auf die Lohnabrechnung! |
| Photovoltaik-Anlage (Gewerbe) | Komplex | Wenn das Auto zum Betriebsvermögen der PV-Anlage zählt (selten), dann steuerpflichtig. Sonst meist privat. |
Kapitel 4: Hidden Champions – E-Roller & Wallboxen
Nicht nur Autos bringen Geld. Viele lassen bares Geld liegen, weil sie diese zwei Sonderfälle nicht kennen.
1. Die "Großen" E-Roller (Klasse L3e & Co.)
Die Regelung für Kleinkrafträder wurde verschärft.
Früher: Man konnte jeden 45 km/h Roller "freiwillig zulassen" (großes Kennzeichen), um die Quote zu kassieren. Das wurde als Missbrauch eingestuft und ist faktisch tot (Kosten für Gutachten/Zulassung > Prämie).
Heute: Echte E-Motorräder oder Roller, die bauartbedingt schneller als 45 km/h fahren und einen echten Fahrzeugschein (Zulassungsbescheinigung Teil I) haben, sind weiterhin voll berechtigt! Hast du eine 125er E-Vespa? Cash in!
2. Die öffentliche Wallbox
Das ist der Geheimtipp für Gewerbetreibende und Hotels.
Wenn du eine Wallbox hast, die öffentlich zugänglich ist (gemeldet bei der Bundesnetzagentur, diskriminierungsfreier Zugang, z.B. via Roaming oder Ad-Hoc Payment), kannst du die geladenen kWh als THG-Quote verkaufen!
Hier gibt es keine Pauschale, sondern eine Abrechnung pro kWh. Da der Pauschalwert für Autos sinkt, wird die verbrauchsgenaue Abrechnung an Ladesäulen attraktiver.
🔗 Wohin mit dem "Gratis-Geld"?
Auch wenn es nur noch 100€ sind – es ist Geld, das auf der Straße liegt. Nutze es klug, um deine E-Mobilität weiter zu optimieren.
Re-Invest in die Wallbox
Die THG-Quote deckt oft die jährlichen Wartungskosten oder die Grundgebühr eines dynamischen Stromtarifs. Rechne hier nach.
Stromkosten senken
100€ THG-Prämie entsprechen bei einem Verbrauch von 20 kWh/100km und 30ct/kWh etwa 1.600 km "Gratis-Fahren".
ETF-Sparplan füttern
Klingt langweilig, ist aber smart. 10 Jahre lang die THG-Quote (konservativ 80€) in den Welt-ETF? Schau, was daraus wird.
Verluste kompensieren
Die Ladeverluste kosten dich Geld. Die THG-Quote ist der ideale "Puffer", um diese Ineffizienz auszugleichen.
Fazit: Nimm mit, was geht – aber ohne Gier
Die Zeiten des THG-Goldrauschs sind vorbei. Das ist die schlechte Nachricht. Die gute Nachricht: Es ist immer noch "geschenktes" Geld für einen Aufwand von 5 Minuten pro Jahr.
Unser Rat für 2025: Sei konservativ. Nimm lieber die sicheren 80-90€ bei einem etablierten Anbieter (z.B. ADAC, Stadtwerke), als auf das 150€-Versprechen einer dubiosen Website zu hoffen, die morgen vielleicht offline ist. Gier frisst Hirn – und in diesem Fall frisst die Gier deine Quote.