🛠 Anleitung: So nutzt du den Infrarot-Rechner wie ein Energieberater
Infrarotheizungen verzeihen keine Fehler. Bei einer Gasheizung ist es egal, ob das Haus etwas schlechter gedämmt ist, man dreht einfach auf. Bei Stromheizungen führt jede ungedämmte Wärmebrücke sofort zu explodierenden Kosten. Deshalb sind die Eingaben hier entscheidend.
1. Die Heizlast (Watt pro m²) – Der Schicksalswert
Dies ist die wichtigste Zahl in der gesamten Berechnung. Sie gibt an, wie viel Energie dein Raum verliert, wenn es draußen kalt ist.
- Neubau / Passivhaus (10 - 20 W/m²): Hier ist Infrarot oft genial. Der Wärmebedarf ist so gering, dass die hohen Stromkosten kaum ins Gewicht fallen.
- Sanierter Altbau (40 - 60 W/m²): Der Grenzbereich. Hier kann Infrarot als Zusatzheizung sinnvoll sein, als Hauptheizung wird es teuer.
- Ungedämmter Altbau (> 100 W/m²): Finger weg! Wer hier elektrisch heizt, zahlt pro Winter Tausende Euro. Ein 20m² Raum benötigt dann 2.000 Watt Dauerleistung. Das sind ca. 70 Cent pro Stunde!
- Baujahr vor 1970 (unsaniert): Wähle 100-120 W/m².
- Baujahr 1980-2000 (doppelverglast): Wähle 60-80 W/m².
- Neubau nach 2020: Wähle 20-30 W/m².
2. Die Investition (Capex) vs. Betrieb (Opex)
Hier liegt der große Trick der Infrarotheizung.
Gib im Feld "Investition" die Kosten für die Paneele an. Ein ganzes Haus lässt sich oft für 5.000 € bis 8.000 € ausstatten. Vergleiche das gedanklich mit einer Wärmepumpe (25.000 € +). Aber: Der Rechner wird dir zeigen, dass die niedrige Investition oft schon nach 5-7 Jahren durch die brutalen Stromkosten aufgefressen wird.
3. Der Strompreis und die PV-Illusion
Viele Nutzer geben hier "0 Cent" ein, weil sie eine Solaranlage haben. Das ist ein fataler Fehler (siehe Abschnitt "Realitäts-Check 2"). Gib deinen realen Netzbezugspreis ein (z.B. 35 Cent/kWh). Auch wenn du PV hast: Im Winter (wenn du heizt) scheint die Sonne kaum. Du wirst Strom zukaufen müssen!
📐 Der mathematische Hintergrund: Physik lässt sich nicht betrügen
Um zu verstehen, warum Infrarotheizungen so kontrovers diskutiert werden, müssen wir einen Ausflug in die Thermodynamik machen. Es geht um den Unterschied zwischen Stromdirektheizung und Wärmepumpe.
1. Das Gesetz von der Erhaltung der Energie (Joule-Effekt)
Eine Infrarotheizung ist physikalisch gesehen ein Widerstandsheizer. Strom fließt durch einen Leiter (Carbonfasern oder Heizdrähte), der Widerstand erzeugt Wärme.
Das bedeutet: Aus 1 kWh Strom machst du exakt 1 kWh Wärme. Nicht mehr, nicht weniger. Es gibt keinen physikalischen Hebel.
2. Der Vergleich zur Wärmepumpe (Carnot-Prozess)
Eine Wärmepumpe "erzeugt" keine Wärme, sie "pumpt" sie nur von draußen nach drinnen (wie ein umgekehrter Kühlschrank). Sie nutzt den Strom nur als Antrieb für den Kompressor.
Das bedeutet: Aus 1 kWh Strom macht die Wärmepumpe 3 bis 5 kWh Wärme, indem sie sich den Rest aus der Umwelt (Luft/Erde) holt.
3. Die Kostenformel
Daraus ergibt sich die brutale Wahrheit für deinen Geldbeutel:
Kosten_WP = (Wärmebedarf / COP) * Strompreis
Rechenbeispiel (20.000 kWh Wärmebedarf, 30 Cent/kWh):
Infrarot: 20.000 * 0,30€ = 6.000€ pro Jahr
Wärmepumpe (COP 4): (20.000 / 4) * 0,30€ = 1.500€ pro Jahr
Fazit der Mathematik: Du zahlst mit Infrarot im Betrieb das Vierfache. Die Frage ist nur: Wie viele Jahre dauert es, bis dieser Nachteil die günstigere Anschaffung auffrisst? Unser Rechner zeigt dir genau diesen "Break-Even-Point".
🧠 Realitäts-Check 1: Strahlungswärme vs. Konvektion
Warum schwören manche Leute trotzdem auf Infrarot? Weil Zahlen nicht alles sind. Es gibt einen physiologischen Effekt, den man kennen muss: Die operative Temperatur.
Konvektion (Klassisch)
Ein normaler Heizkörper erwärmt die Luft. Die warme Luft steigt nach oben (warmer Kopf), kühlt an der Decke ab und fällt unten wieder runter (kalte Füße). Man muss die Luft oft auf 22°C - 23°C aufheizen, damit man sich wohlfühlt.
Strahlung (Infrarot)
Infrarotstrahlen erwärmen nicht die Luft, sondern die Körper, auf die sie treffen (Wände, Möbel, Haut). Genau wie die Sonne im Winter. Du fühlst dich schon bei 19°C bis 20°C Lufttemperatur wohl, weil die Wände warm sind.
Der Spareffekt: Pro Grad weniger Lufttemperatur sparst du ca. 6% Heizenergie. Das ist das Hauptargument der IR-Befürworter.
Der Schatten-Effekt (Die Kehrseite): Infrarot ist Licht. Wo kein Licht hinkommt, ist Schatten. Wenn du unter dem Esstisch sitzt und das Paneel an der Decke hängt, sind deine Beine "im Schatten". Die Tischplatte schirmt die Wärme ab. Es kann zu "kalten Zonen" kommen.
🔥 Realitäts-Check 2: Die "Autarkie-Lüge" (PV + Infrarot)
Dies ist das gefährlichste Missverständnis, das Verkäufer gerne nutzen: "Kaufen Sie eine Infrarotheizung und nutzen Sie Ihren eigenen Solarstrom! Heizen zum Nulltarif!"
Lass uns das rational zerlegen.
Wann heizt du? Im November, Dezember, Januar, Februar.
Wann liefert deine PV-Anlage Strom? Im Mai, Juni, Juli, August.
Das Winter-Dilemma:
Im Dezember liefert eine typische 10 kWp Solaranlage oft nur 5 bis 10 kWh pro Tag (an trüben Tagen fast nichts).
Ein schlecht gedämmtes Haus mit Infrarotheizung benötigt im Dezember aber oft 50 bis 80 kWh Wärme pro Tag.
Rechnung: Bedarf 60 kWh - PV-Ertrag 5 kWh = Defizit 55 kWh.
Diese 55 kWh musst du teuer aus dem Netz kaufen. Ein Batteriespeicher hilft dir hier nicht, weil er im Winter gar nicht erst voll wird! Fazit: PV hilft, ja. Aber sie deckt im Winter oft nur 10-15% des Heizbedarfs einer Infrarotheizung.
🏗 Realitäts-Check 3: Das GEG 2024/2025
Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) hat strenge Regeln. Darf man überhaupt noch eine Stromdirektheizung einbauen? Ja, aber unter harten Bedingungen.
- Im Neubau: Eine Infrarotheizung als Hauptheizung ist nur erlaubt, wenn das Gebäude einen baulichen Wärmeschutz aufweist, der 45% besser ist als der gesetzliche Mindeststandard (Effizienzhaus 40/55 Niveau).
- Im Bestand (Altbau): Wenn du eine bestehende Gas-/Ölheizung rauswirfst und nur Infrarot einbaust, musst du ebenfalls bauliche Mindeststandards erfüllen (Dämmung). Ausnahme: Selbstgenutzte Ein-/Zweifamilienhäuser (Risiko bleibt bei dir!).
⚠️ Warnung: Schimmel und Bausubstanz
Infrarotheizungen können Schimmel verhindern – oder verursachen, je nach Nutzung.
Der Vorteil (Trockene Wände): Da Infrarot die Wände direkt erwärmt, liegt die Wandtemperatur oft über der Lufttemperatur. Kein Taupunkt an der Wand -> Kein Schimmel. Ein riesiger Vorteil in alten Gebäuden!
Die Gefahr (Kalte Ecken): Wenn ein Raum nur punktuell bestrahlt wird (z.B. Bild an der Wand), können Ecken im "Strahlungsschatten" (hinter dem Schrank) extrem auskühlen. Da die Luft kühler gehalten wird (Thermostat auf 19°C), kann Feuchtigkeit in diesen kalten Ecken kondensieren.
Tipp: Außenwände müssen direkt bestrahlt werden! Hänge Möbel nicht direkt vor kalte Außenwände.
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Berechne jetzt oben deine Szenarien. Wirst du die Sonne ins Haus holen oder dein Konto verbrennen? Die Physik entscheidet.